30.07.12

9mm

Happiness Is a Warm Gun
John Lennon, 1968 (der das natürlich völlig anders gemeint hat)


Es begab sich aber eines Morgens, dass der Autor dieser Zeilen Rascheln von Ballonseide wahrnahm. Im Schlafzimmer. Morgens zwanzig nach sechs. Das schlafmatte Hirn alias Superbrain beschloss, dass es der verirrte Zögling auf dem Weg zur Toilette sein musste.

Dämmer.

Der trug aber doch abends noch einen Flanellschlafanzug?

Ein Freund des Hauses vielleicht, wir nennen ihn F., der sich nach ausgiebiger Feier irgendeines Anlasses anderswo hierher zur Ruhe begeben wollte.

Dämmer. Dann der böse Gedanke: "Wie kommt der F. denn ohne Schlüssel in die Wohnung?"

Zeitgleich das Rascheln von Bettzeug und die Stimme der Gefährtin, die die Situation treffend beurteilte: "Hm?"

"Wo ist dein Mann?", kam die humorlose Frage des Besuchers mit osteuropäischem Einschlag. Das schlafmatte Hirn legte den Alarmschalter um: nicht Pipi, nicht Freund des Hauses, nicht spielerisch imitierter Akzent! Ein Fremder! Im Schlafzimmer! Superbrain detektierte rasend schnell die Fakten. Eindringling, nackte Frau, selber nackig, keine Waffen. Bleibt nur: sprechen.

"Wer zum Teufel sind Sie?", fragte ich, mittlerweile aufgerichtet.

Nach kurzer Betrachtung wurde ich nicht als der Gesuchte wahrgenommen und geleitete darauf den athletischen Jüngling aus dem Raum. Im Wohnzimmer, als Überraschung gedacht, stand ein zweiter Herr. Auch er konnte in mir wohl nicht die gesuchte Person entdecken.

"Und wer zum Teufel sind Sie?", war meine Frage. Ich stand kurz davor, den Männern Kaffee anzubieten.

Wer oben wohne, wollte man wissen. Niemand, war die wahre Antwort. Sie sahen sich an und verschwanden blitzschnell und ich eilte zurück zur Gefährtin, um mich zu kümmern, statt der Berserker Nummernschild zu notieren.

Die benachrichtigte Polizei befand es nicht für nötig, vorbei zu schauen. Eine Drogen-WG habe früher im oberen Stockwerk ihr Unwesen getrieben, man kenne das Haus. Vermutlich hielt man das für ein Art höherer Gerechtigkeit unter Gesocks. Danke, danke, danke!

Ich überlege übrigens zwei Tage, bevor ich bei Schmerzen eine Aspirin schlucke.

Es gab dafür ein Telefonat, Tage später. Ich erklärte dem Beamten, dass ich mir für ein eventuelles nächstes Mal eine Pistole unterm Kopfkissen wünsche. Hätte ich geschossen, sagte ich, innert Minuten hätten Streifenwagen die Einfahrt blockiert und den vermeintlichen Mörder abgeführt.

Er meinte, er könne verstehen was ich zu sagen versuche, er hätte sicher geschossen.

Bayern ist seltsam. Nicht merkwürdig. Seltsam.

PS: Der Kreidekreis ist mittlerweile gezogen, the line in the sand, ab jetzt gilt hier: stand your ground.

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