03.06.12

NIHIL NISI BENE

Dead men smell toe nails
Ian Fraser Kilmister

Boecklin, Brett & Schädel (schottisch)
Nun gibt es ja beim Autor dieser Zeilen sowohl den Hang zum Morbiden, als auch einen von vielen als vulgär, ja: zynisch gar, empfundenen Sinn für abseitigen Humor. Den Drang, einen Zipfel des Großen, des Erhabenen zu erhaschen. Und die Lust, sich grinsend im Dreck zu wälzen.

Auf obigem -wie immer qualitativ katastrophalen, aber hey, das wurde mit einem Telefon gemacht, einem TE!LE!FON!-  Bild sieht man eine kleine Kopie des Gemädes "Die Toteninsel", von denen der Künstler Arnold Boecklin fünf verschiedene Versionen anfertigte. Boecklin lebte und arbeitete unter anderem (Basel, München, Rom) in Florenz. Er war Vater von vierzehn Kindern, von denen die Familie acht verlor.

Nun wurde dem Splog aus verlässlicher Quelle berichtet, dass eine der Töchter Boecklins in Florenz verstarb. Und ebenda auf dem Friedhof für Nichtkatholiken bestattet wurde. Dieser heißt -es wurde an anderer Stelle bereits erwähnt- "Cimitero degli Inglesi" im Volksmund, der Friedhof der Engländer. Im 19. Jahrhundert war Florenz ein beliebtes Reiseziel wohlhabender Briten. Vom grimmen Schnitter plötzlich dahingerafft blieb angesichts der Transport- und Kühlmöglichkeiten der Zeit nichts anderes, als eine Beisetzung vor Ort.

Comare Morte a Firenze
Pragmatisch und nicht frei von katholischem Humor, stellte man damals den Falschgäubigen ein Gelände vor der seinerzeit neben dem Friedhof verlaufenden Stadtmauer zur Verfügung: die ehemalige Müllhalde. Hier ruhen auch Deutsche, Amerikaner, Russen, aber eben vorwiegend Briten und so hat sich der Name bis heute gehalten.

Mittlerweile ist die Ruhestätte auf der Piazzale Donatello eine vom Verkehr umbrandete Insel (sic!), ein Ruhepunkt und sicher eines der lohnenswerten Ziele für Besucher der Stadt. Dass der Friedhof in Farben und Silhouette an Boecklins Gemäde erinnert, versteht sich von selbst.

Das Brett unter der Kopie des Gemäldes stammt natürlich vom Friedhof und war dort Teil eines Tisches im Nebengebäude (wie wiederum aus oben erwähnter zuverlässiger Quelle erster Hand bestätigt). Man kann sich auch ohne blühende Fantasie ausmalen, was im 19. Jahrhundert auf einem großen Tisch im Friedhofsgebäude so aufbewahrt und aufgebahrt wurde. Dass aus diesem alten Brett eine riesige, rostige Holzschraube ragte und ragt, nimmt sicher nicht nur den heutigen Besitzer wunder. Aber die fand eine Bestimmung, denn...

Peter und Christine
...auf einer anderen Reise -zu den Briten, den Schotten auf den Hebriden, to be precise (hier schließt der Kreis)- fand sich in einem Blättchen auf einer Fähre oben gezeigte Vorstellung eines Ladens. Wer sein Etablissement "Post" als den letzten Laden vor Neufundland bezeichnet, muss über den rechten Humor verfügen. Wer dazu noch Hope heißt (dies last, wie man so sagt) und wunderschöne Gebäude hinstellt.... ein Besuch war unumgänglich.

The Post
Es gab Kaffee, Eis und Getränke, sowie die richtige Mischung aus Kunst, Kitsch und Horror. Die Hebriden tun den Rest dazu; wer hier lebt und solche Sachen macht, dem muss man etwas abnehmen. Der Schädel war es dann. Schottland trägt ein weißes Kreuz auf blau, ich bevorzuge schwarz. Peter offensichtlich auch.

Und dass das dann so gut auf das Brett von der Toteninsel passt, lässt beinahe vergessen, dass Boecklins Tochter nicht im Katalog der offiziellen Gräber des Cimitero auftaucht. Aber die verlässliche Quelle weiß zu berichten, dass viele Gräber hier der Entdeckung harren. Man bestattete im Zweifel eben oben drauf. Fern der Heimat gab es niemanden, der sich um die Gräber kümmert und alleine die eine Nacht vor nun vielleicht fünfzehn Jahren, als einheimische Vandalen Grabplatten zertraten und Grabsteine umstürzten sorgte für Verheerung. Wieviel mehr kann dann in den Orkus verschwunden sein, während der langen Zeit, in der der Friedhof verlassen dalag? Der Gedanke jedenfalls zählt, ich mag das Brett, ich mag den Schädel und ich mag die schäbige Kopie eines großen Werkes.

Meister Boecklin soll bei den Briten ja so gut wie unbekannt sein. Wer hier lächelt, teilt meinen Humor.

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