08.05.12

8. Mai? Besen raus!

I'm gonna get up in the morning, I'll believe I'll dust my broom
Robert Johnson



Der heutige Tag hat es in sich. Geschichtlich. Natürlich denkt man in Deutschland beim 8. Mai an die Befreiung vom Nationalsozialismus, respektive spricht vom verlorenen Krieg. Je nachdem, wes Geistes Kind. Davon wird tagsüber das übliche, gedankenschwere Brauenrunzeln zu hören und zu lesen sein.

Aber ein kurzer Blick ins Tagebuch...

2010 saß oben abgebildete Möwe auf einem schottischen Geländer. Oban liegt in den schottischen West-Highlands, hat eine sehr okaye (Pardon, was für ein Wortkotzbrocken) Distillery und wer hier lebt, kennt alle Möwen innert eines Monats beim Vornamen. Keine heißt Jonathan.



1838 fordern die demokratischen Sozialisten in Großbritannien zum ersten Mal das allgemeine und geheime Wahlrecht. Für Männer über 21, versteht sich.

1945 freuen sich 10.000 Menschen in Algerien über den gewonnenen Krieg, veranstalten eine Demonstration -auch zur Unabhängigkeit Algeriens- und werden zusammengeschossen. Ohne Beteiligung der Wehrmacht, quelle surprise.

1973 ergeben sich die Indianer des American Indian Movement nach über zwei Monaten Besetzung von Wounded Knee den Regierungstruppen. Und ziehen sich in ihre Spielcasinos zurück.

1988 reckt Herr Engholm sein Haupt als designierter Ministerpräsident in Schleswig-Holstein. Sein Vorgänger Herr Barschel erlag knapp sieben Monate zuvor der Kollision mit einer Genfer Badewanne.

Im selben Jahr wird Herr Mitterand Generaldirektorpräsident von Frankreich. "Fuck Chirac" war noch Jahrzehnte später an einem Brückenpfeiler nahe der Meuse zu lesen. Ob Herr Hollande das gesprüht hatte?

1886 verkauft John Pemberton erstmals sein Allheilmittel gegen Kopfschmerz und Trägheit. Wir nennen es heute Coca Cola.

1954 das erste "Wort zum Sonntag", 1970 die letzte Platte der BEATLES: Let It Be.

Aber das allerallerwichtigtigste passierte vor 99 Jahren: Robert Johnson kam zur Welt. Und wer jetzt nicht "Wow!" sagt, hat nie Blues, Jazz oder Rock und Punk gehört. Ohne den hätte man auch Son House oder Skip James vergessen. Und Muddy Waters wäre nie passiert. Oder Chuck Berry. Und die Rolling Stones. Und die Beatles. Led Zeppelin. Pink Floyd. Sex Pistols. AC/DC. Nirvana. White Stripes. Wire. Television. Radiohead. Et cetera, ad nauseam.

Also lassen wir mal den kleinen Postkartenmaler und seine Apokalypse und all die Schuld und den Horror beiseite und hören unschuldig und hören froh und hören erstmals und immer und immer wieder "Dust My Broom".

Das ist Medizin.

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