29.10.11

Occupy Stammtischluftraum!




Der Herbst naht mit großen Schritten: Blätter vom Baum, Sonne macht sich selten, DAX beliebt zu steigen. Zeit innezuhalten. Da fiel mir das Gespräch mit dieser brunzdummen Buschel wieder ein. War zwar frühsommerlich, aber dem Herbst geschuldet... eine Art halluziniertes Gedankenprotokoll.

E und U? Gibts nicht. Wenn Sie E wollen, fahren Sie zu gegebener Zeit nach Donaueschingen und hören Sie sich 8x24 Minuten Geräusche an. E nicht vergessen, diesmal englisch aussprechen, Ecstasy könte helfen. Aber ansonsten? E und U... ts.

Natürlich Klassiker gelesen hier und den Kanon: Goethe, Schiller, Lessing, Brecht, Böll, Grass. Und im Original Shakespeare, Caesar, Ovid. Und Alighieri. Zwar übersetzt, aber freiwillig. Mit sechzehn. Ob ich ihn verstand? Natürlich nicht komplett. War ich beeindruckt? Abgrundtief! Weshalb? Weil mich ein vermeintlicher Schundroman namens "Das zweite Inferno" zum Original schwemmte. Ich wollte lesen. Und wurde durch Quantenverknüpfung gezwungen, den echten Stoff zu entdecken. Aber lassen wir die subatomare Ebene beiseite, das nötigt unsere Freunde im Saab-Cabrio (mit lauen Arien aus der Stereoanlage) zu abschätzigen Bemerkungen. Mich auch: spätestens seit Michael Bolton Arien aufnahm, ist klar, dass eben da die neue Prollmusik lauert. Und dann kommt mir doch die Endfünfzigerbibliothekarin mit Bukowski. Nach 2000. Als von ihr entdeckter Sensation!

Bukowski las man hier ab den Siebzigern. Pubertär angebracht. Und dann Dick und Clarke und Fauser und Hesse und Simmel und Bayer und Stadler und Irving, Stephenson, Lee. Ohne chronologische Stringenz und ohne zu werten. Lee? Stan Lee, Marvel Comics. Eine Fundgrube für den suchenden Adoleszenten, zumindest früher, als es noch den Williams Verlag gab. Lee bereitete all die vorgenannten Klassiker auf, mundgerecht. Jack Kirby -vermutlich ein Schüler Buonarottis- und Steve Ditko taten als Zeichner das ihre: großes Kino, echtes Leben. Wie ähnelt doch der Spiderman Peter Parker einem jungen Werther, welch unfassbar komplexe  Gestalt ist der einsame Silver Surfer? Da geht es hüfttief durch den Sumpf der Jahrhunderte von Williams Stratford-upon-Avon zum Wien Sigmund Freuds.

Also zur Hölle mit dem Bildungsbürgertum! Schön, wenn man die Bücher erfasst hat, nicht nur gelesen; verstanden im Sinne von: das ändert mein Leben. Mein Leben änderten aber Hank Chinaski und AC/DC mehr als Mozart und Uhland. Ist denn eine Diskussion über das Brahmssche in Beethoven etwa anders, als der Vergleich zwischen Eddie van Halen und Yngwie Malmsteen? Vermutlich würde sich die Höhe des sprachlichen Niveaus unterscheiden, zugegeben. Aber im Kern... Gelaber, Halbwissen, Ansichten, Sprüche.

Auch die ungebildete Putzfrau kann ihre Kinderschar in Würden großziehen. Vieleicht schafft sogar eins aus der Brut den Sprung an die Uni. Und wenn das dann an die Doktorarbeit kommt, schreibt's vermutlich nicht mal ab. Trotz streetsmartness, um den Anglizismen eins hinzuzufügen. "Ehre im Ranzen", heißt das.


Und -da ich frei von Ehre oder Tugend bin, aber auch keinen Titel trage- genug der Polemik: jetzt ein Glas Brunello auf die Schuldenkrise, oder wie auch immer das fortwährende Desaster gerade etikettiert wird.

14.10.11

Das wird ein langer Winter...